Warum uns die Zeitumstellung jedes Jahr ein bisschen aus dem Takt bringt
Zweimal im Jahr drehen wir an der Zeit. Ein kleiner Dreh am Rad, und plötzlich ist es eine Stunde früher oder später. Im Oktober heißt es: zurückstellen. Eine Stunde mehr Schlaf, sagen die einen. Eine Stunde mehr Dunkelheit, sagen die anderen. Und irgendwo dazwischen liegt die Wahrheit – nämlich die, dass unser Körper mit all dem erstaunlich wenig anfangen kann. Denn der Mensch lebt nicht nach Zahlen, sondern nach Licht.
Die Sonne ist unser ältester Taktgeber. Sie steuert unseren Schlaf, unsere Hormone, unsere Laune. Wenn es morgens später hell wird, bleibt das Schlafhormon Melatonin länger aktiv, während das wachmachende Cortisol träge anläuft wie ein Motor im Winter. Das Ergebnis: Wir wachen auf, fühlen uns aber nicht wach. Wir wissen, dass wir länger schlafen durften, und doch spüren wir dieses seltsame Ziehen – als hätte jemand an unserem inneren Uhrwerk gedreht, ohne uns zu fragen.
Forscherinnen und Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München haben dieses Phänomen untersucht und kamen zu dem Schluss, dass die Zeitumstellung biologisch betrachtet eine Art Mini-Jetlag ist. Eine Stunde Unterschied klingt nach wenig, doch für unseren circadianen Rhythmus – also den natürlichen Tag-Nacht-Zyklus des Körpers – ist sie durchaus erheblich. Der Mensch ist kein Gerät, das man umprogrammiert. Unsere inneren Uhren sind fein abgestimmte Systeme, die auf Licht, Temperatur und Regelmäßigkeit reagieren. Wer ohnehin unruhig schläft oder spät ins Bett geht, braucht oft mehrere Tage, bis der Körper sich neu sortiert hat. Manche schaffen das unmerklich, andere fühlen sich tagelang aus dem Takt.
Interessanterweise zeigt sich hier ein grundsätzliches Missverständnis über Zeit. Wir glauben, sie sei etwas, das wir besitzen – Stunden, Minuten, Sekunden, die wir verschieben, sparen oder verlieren können. In Wirklichkeit ist Zeit etwas, das wir erleben. Und unser Körper, dieser großartige biologische Rhythmusapparat, reagiert nicht auf die abstrakten Zahlen unserer Uhren, sondern auf das natürliche Wechselspiel von Licht und Dunkelheit. Wenn wir also glauben, wir hätten „eine Stunde gewonnen“, dann stimmt das auf dem Papier – aber nicht in uns.
Wer die Umstellung gut überstehen will, braucht kein großes Geheimrezept. Das wirksamste Mittel ist so alt wie das Leben selbst: Licht. Tageslicht am Morgen ist das stärkste Signal, das unser Körper kennt. Es unterdrückt die Melatoninproduktion und setzt die innere Uhr neu. Schon zehn Minuten draußen wirken besser als jede Vitaminpille. Und auch abends lässt sich viel regulieren – weniger künstliches Licht, kein grelles Display, kein hektischer Schwall aus Nachrichten kurz vor dem Schlaf. Dunkelheit ist ein biologisches Signal, das der Körper versteht. Und ein gutes Bett, das sich der eigenen Körperform anpasst, ist dabei weit mehr als ein Möbelstück – es ist ein Resonanzraum für Erholung. Wer gut liegt, schläft tiefer. Wer gut schläft, reagiert gelassener auf diese kleinen Verschiebungen der Welt.
Denn letztlich ist der Schlaf unser stillster Ausgleich. Während draußen die Uhren ticken, repariert der Körper, was der Tag verbraucht hat. Muskeln entspannen sich, das Gehirn sortiert Eindrücke, die Temperatur sinkt, der Atem wird ruhig. In dieser Zeit ist das Bett kein Ort mehr, sondern ein Zustand – eine Rückkehr zu sich selbst. Und vielleicht ist das die eigentliche Botschaft der Zeitumstellung: dass es gar nicht darum geht, Zeit zu gewinnen, sondern sie wieder zu spüren.
Am Ende bleibt also nicht die gewonnene Stunde, sondern die Erkenntnis, dass man Zeit nicht einfach verschieben kann, ohne etwas in sich selbst zu verschieben. Wer das begreift, geht gelassener mit diesen Umstellungen um – und vielleicht auch mit dem eigenen Alltag. Denn egal, ob Sommer- oder Winterzeit: Unser Körper tickt nach Sonne, nicht nach Uhr. Und ein gutes Bett hilft ihm dabei, das auszuhalten.
Vielleicht ist genau jetzt der richtige Moment, um dem eigenen Schlaf wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn die Tage kürzer werden und das Licht seltener ist, wird das Bett zum wichtigsten Ort der Erholung – und fast ein Stück Gegenwelt zu allem, was draußen zu schnell geworden ist. Ein guter Schlafplatz ist kein Zufall. Er entsteht aus Ruhe, aus Materialien, die atmen, und aus dem Wissen, dass guter Schlaf nicht beginnt, wenn man die Augen schließt, sondern wenn man sich aufgehoben fühlt. So betrachtet, ist die Zeitumstellung gar keine Störung, sondern eine Erinnerung. Daran, dass Schlaf kein Nebenprodukt des Tages ist, sondern seine Grundlage. Und dass es sich lohnt, ihn ernst zu nehmen – Stunde für Stunde, Nacht für Nacht.
berna. 2025